Als das KARDEA-Team mit der konkreten Planung des ersten Musterhauses in Holzriegelbauweise begonnen hat, war schnell klar, dass als natürliches Dämmmaterial Stroh verwendet werden sollte. Dieser schnell nachwachsende Rohstoff gedeiht quasi vor der Haustür und weist eine neutrale Ökobilanz auf. Die Pflanze speichert beim Wachstum die gleiche Menge CO2, die sie bei der Verrottung wieder abgibt. Auf Grund seiner röhrenförmigen Beschaffenheit sprechen für Stroh als Baumaterial vor allem auch seine bauphysikalischen Vorteile wie gute Wärmedämm- und Schallschutzeigenschaften.
Zudem wird für die Herstellung von Stroh als Dämmmaterial – Nebenprodukt der Getreideproduktion – viel weniger Energie benötigt, als für herkömmliche Dämmstoffe. Die Produktion von Mineralwolle und Polystyrol (erdölbasierende Kunststoffdämmung) erfordert beispielsweise um den Faktor 100 mehr Energie als die Herstellung von Stroh-Dämmstoff. (siehe Übersicht Dämmeigenschaften und ökologische Kennwerte einer Strohdämmung im Vergleich auf www.energie-experten.org)
Auch Bedenken hinsichtlich Schädlingsbefall, Brandgefahr oder der Staubfreisetzung im Inneren können beim normgerechten Einsatz zertifizierter Baustrohdämmungen ausgeräumt werden. Bei Baustrohballen ist es für Nagetiere schon aufgrund der hohen Dichte schwierig und uninteressant, sich einzunisten. Stroheinblasdämmung, die ebenfalls verdichtet eingebracht wird, beginnt zu rieseln, sobald sich ein Tier daran zu schaffen macht. Ein Nestbau ist somit auch nicht möglich. Außerdem sticht Stroh und ist sicher auch für die Tiere unangenehm. Zudem werden Konstruktionen mit Stroh durch Holzverschalungen, Lochbleche, Gitter o.ä. vor tierischen „Einbrüchen“ geschützt.
Hinsichtlich der Brennbarkeit von Stroh kann ebenfalls Entwarnung gegeben werden. Baustroh erweist sich laut ÖNORM als „normal brennbar“. Geprüfte Wandaufbauten mit Strohballendämmung konnten bei Brandtests sogar die Brandwiderstandsklasse F90 erreichen.
KARDEA verwendet als Dämmung zertifizierte Baustrohballen oder Stroheinblasdämmung. Ein wichtiger Partner und Begleiter von Beginn an war für das Team von KARDEA die GrAT – Gruppe Angewandte Technologie der TU Wien.
Die GrAT beschäftigt sich in interdisziplinären Forschungsprojekten mit den Themen „angepasste Technologie, nachhaltige Entwicklung und Kreislaufwirtschaft“. Mit dem Projekt „S-HOUSE“ demonstriert die GrAT die Funktionalität von Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen. Neben Strohballenwänden wurden auch Wandaufbauten aus anderen natürlichen Dämmstoffen ausgeführt. Weiters werden unterschiedliche ökologische Oberflächenmaterialien (z.B. Putze, Holzverschalungen, Textilien) gezeigt und verschiedene natürliche Oberflächenbehandlungsmittel (Lacke, Wachse, Lasuren) angewandt. Im „Informationszentrum für Nachwachsende Rohstoffe“ veranschaulicht eine Dauerausstellung den Weg vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt und stellt die Vielfältigkeit der Anwendungen von biogenen Baustoffen dar. So können sowohl traditionelles Wissen wie neueste Entwicklungen auf diesem Gebiet einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. (www.grat.at)
Die GrAT hat auch die Baustrohballen für das erste KARDEA-Musterhaus zertifiziert. Projektleiter Peter P. erinnert sich noch an die - etwas schwierigen - ersten Schritte. „Im Sommer 2012 haben wir gemeinsam mit den Experten der GrAT bei der Strohernte auf einem Feld unweit unseres Bauplatzes mitgeholfen. Der Landwirt hat die Stroh-Kleinballen gepresst, wir haben diese sofort vermessen und ….. mussten etwas ratlos feststellen, dass die Dichte leider nicht in Ordnung war. Da kamen wir nicht nur wegen der sommerlichen Temperaturen ordentlich ins Schwitzen. Eine andere Presse musste gefunden werden. Und zwar rasch, damit das trockene Stroh noch rechtzeitig verpresst werden konnte! Was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Aber Gott-sei-Dank kennt der eine Landwirt den anderen und der wieder einen anderen und so war schon bald die richtige Strohballenpresse gefunden. Diesmal konnten wir erfolgreich alle Vorgaben einhalten und erhielten das Zertifikat!“ Die zertifizierten Baustrohballen wurden anschließend in der Zimmerei als Dämmmaterial zwischen den Holzriegelwänden eingebracht.
Etwas einfacher können wir es uns nun schon mit der Stroh-Einblasdämmung machen. Zertifiziertes, klein geschnittenes, loses Weizenstroh wird mittels Einblasmaschinen in die Holzwände mit der notwendigen Dichtheit eingebracht. Wir greifen hier selbstverständlich auf österreichische Firmen zurück. Das Stroh wird ebenfalls von Landwirten aus der näheren Umgebung bezogen, die ihrerseits ebenfalls hohe Qualitätsansprüche an ihren Anbau stellen. Das Stroh ist unbehandelt und wird ohne weitere Zusätze verarbeitet. Von Natur aus bringt diese nämlich bereits einige wesentliche Eigenschaften mit, die für Sicherheit und Wohlbefinden sorgen: Der hohe natürliche Silikatgehalt des Strohs, in Kombination mit der Dichte sorgt dafür, dass das Stroh nicht selbständig brennt und entstehende Glut erlischt. Und Stroh-eigene Paraffine geben bereits auf dem Feld Pilz- und Schimmelsporen keine Chance.
Technische Daten und bauphysikalische Messwerte finden Sie unter http://www.iso-stroh.at oder www.sonnenklee.at.